Die Konsequenz des wertlosen Geldes

Crisis trading

04.08.2020 –Special Report. Neue Woche, neue Warnung: Der Aktienmarkt ist überbewertet. Konkret: Die Performance der Hightech-Aktien bietet Grund zur Sorge. Die Bullen zucken angesichts der ständigen Mahnungen von Crash-Propheten mit den Schultern – schließlich zeigt auch eine zerbrochene Uhr zweimal am Tag die richtige Zeit an. Tatsächlich durchleben wir vielleicht gerade jetzt eine logische Welt – in Zeiten von wertlosem Cash – sprich: Dollar Debasement – muss das alles so sein.

Börse koppelt sich von der Realwelt ab

Die vergangene Woche bestätigte die inzwischen altbekannte Zweiteilung zwischen der Börse und der Realwelt: Die Indizes halten sich nahe der Allzeithochs. Und die US-Realwirtschaft ist im zweiten Quartal annualisiert um historische 33 Prozent eingebrochen. Gleichzeitig werden die Warnungen von Mietausfällen immer lauter. Laut Bloomberg konnten in der ersten Juli-Woche 33 Prozent der Mieter nicht zahlen. Und nun droht Schlimmeres: Damit könnten in den kommenden vier Monaten 12 Millionen Mieter in den USA auf der Straße sitzen.

Shooting Star Apple

Die Börse kümmert das alles nicht. Sven Henrich von NorthmanTrader.com blickte am vorigen Freitag zurück auf die Marktperformance zum Ende des Monats Juli. Und richtete den Blick auf einige beunruhigende Alarmsignale: So habe alleine Apple am vergangenen Freitag 170 Milliarden Dollar Market Cap hinzugewonnen. Das Verhältnis in der Bewertung der Tech-Aktien zum Bruttoinlandsprodukt sei nun höher als in der Tech-Bubble des Jahres 2000. Tatsächlich war der rasante Anstieg von Apple mehr als der Marktwert von Oracle und größer als das Bruttoinlandsprodukt von Ungarn. Alleine das Plus vom Freitag wäre die 33. größte Aktie im S&P 500 gewesen.

17 Faktoren deuten auf eine Überbewertung

Ebenfalls am Freitag voriger Woche schrieb Savita Subramanian von der Bank of America, die Kurs-Gewinn-Schätzung für den S&P 500 habe von 21,5 im Juni auf 21,8 im Juli zugelegt. Das aktuelle Vielfache liege zwei Standardabweichungen über dem seit 1986 gemessenen Schnitt von 15,4 – wir haben inzwischen den höchsten Wert seit der Tech-Bubble erreicht. Laut der Bank of America handeln die Aktien inzwischen in 17 von 20 Kategorien über dem Durchschnitt. Besonders bedenklich: Demnach bewegt sich das Verhältnis von Preis zu Buchwert bei Growth- versus Value-Aktien in der Stratosphäre. Wegen der permanenten Eingriffe der Federal Reserve seien Wachstumsaktien abseits jeder Bewertung besonders begehrt.

Das muss so sein

Investor Louis-Vincent Gave gab auf dem Blog von Evergreen Gavekal eine verblüffende Analyse zu dieser Lage ab: Zunächst hatte er die rekordverdächtige Erholung am Aktienmarkt seit dem Corona-Tief mit der Hoffnung auf einen Rebound der Wirtschaft erklärt. Dann hatte er die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass die Investoren den Verstand verloren hätten. Nun die Kehrtwende: Möglicherweise haben Anleger gar keine andere Wahl, als einzusteigen. Denn der Dollar durchlaufe ein solch rapides Debasement – also eine solche Entwertung – dass es über die Zeit reiner Wahnsinn sei, auf Cash zu sitzen.
Und so hätten die globalen Aktienmärkte im zweiten Quartal ihre beste Performance seit zwei Dekaden hingelegt. Tatsächlich habe die US-Geldmenge M2 im Jahresvergleich um rund 25 Prozent zugelegt. Die Vermutung, dass Cash bald wertlos werde, sei kein Irrglaube. Die Druckerpresse laufe so schnell wie nie zuvor in der Geschichte der USA oder irgendeiner anderen G7-Wirtschaft.

Vier Ziele für die Bullen

Der tobende Bulle ist laut Gave vor allem in vier Assetklassen geflohen: 1 – Big Tech. 2- Grüne Investments. 3 – Edelmetalle. 4 – China-Aktien. Die Flucht in alternative Energien tat der Analyst sinngemäß als politische Fehlallokation ab, bekannt als Cantillon-Effekt: Wer nahe der Geldquelle sitze, erlebe, wie die Preise seiner Güter schnell steigen – egal, was er verkaufe. So habe der Investor Richard Cantillon darauf hingewiesen, dass die Preise für alles, was der spanische Hof im 16. und 17 Jahrhundert einkaufte, mit der massiven Silberförderung in Latinamerika rapide gestiegen seien. Und nun habe Herausforderer Joe Biden ja 2 Billionen Dollar für einen Green New Deal versprochen.
Die Performance von Assetklasse Nummer 4 sei von der Entscheidung Pekings, sich vom Dollar als Reservewährung abzukoppeln, befeuert worden – ein weiterer Grund, warum nun mehr Greenbacks auf dem Globus umher wanderten. Dazu komme die Geldpolitik der Notenbanken, von der eben auch Edelmetalle profitiert hätten – vor allem die Minen-Aktien.

Competitive Advantage USA

Und der Anstieg der FAAMG – die oben genannte Assetklasse 1: Facebook, Amazon, Apple, Microsoft und Google – habe ebenfalls damit zu tun, dass die unterliegende Währung immer weniger Wert werde. Tatsächlich würden in einer Welt mit einem Überfluss an Dollars nur solche Industrien gut performen, in denen die USA einen Wettbewerbsvorteil hätten. Und genau diese Welt erlebten wir heute.

Vom Summer Dip zum neuen Top

Auch Michael Hartnett, Chief Investment Officer der Bank of America, widmete sich dem Thema Dollar Debasement. Und gab in seiner wöchentlichen Flow Show zwei Prognosen ab: Zunächst stehe ein Summer Dip im S&P 500 an mit einem möglichen Low von 3050 Punkten.

US500Weekly

Dann dürfte der Aktienmarkt zwischen August und Januar auf ein neues Top irgendwo zwischen 3.330 und 3.600 Zähler davon ziehen – wahrscheinlich wegen der Einführung einer Corona-Impfung, die zu einer Kapitulation der Bären führen werde; bevor die Hausse mit höheren Zinsen gestoppt werde. Wie immer behalten wir diese spannenden Themen für Sie im Auge – die Bernstein-Bank wünscht erfolgreiche Trades und Investments!


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