Erste Warnung vor der Dollar-Squeeze

dollar

10.08.2020 –Special Report. Der Sherriff ist wieder in der Stadt: EUR/USD scheint bei rund 1,17 in eine Widerstandszone hinein zu laufen. Ein Rebound erscheint überfällig. Das liegt zum einen an den starken Zahlen zum US-Arbeitsmarkt und an der neuen Stütze in der Corona-Krise. Aber auch am wieder aufkeimenden China-Konflikt. Vielleicht steht auch bald eine gigantische Short-Squeeze an. Jedenfalls hat Morgan Stanley seine Short-Position auf den Dollar vorsorglich geschlossen. Wir beleuchten die Hintergründe.

Rückenwind für die US-Wirtschaft

Eine neue Dollar-Stärke könnte vor allem aus einer Erholung im US-Binnenmarkt erwachsen. Die neuen Zahlen vom Arbeitsmarkt deuten darauf hin: Die US-Wirtschaft hat im Juli 1,8 Millionen neue Jobs geschaffen, die Arbeitslosenrate rutschte auf 10,2 Prozent. Die Zahlen waren besser als erwartet.
Zugleich sorgte auch US-Präsident Donald Trump für neuen Rückenwind in der US-Wirtschaft: In einer Exekutiv-Order überging er die halsstarrigen Demokraten im Kongress und wies zusätzliche Arbeitslosenstütze in Höhe von 400 Dollar an. Zugleich verlängerte er die Lockerungen bei der Rückzahlung von Uni-Krediten und die Schutzvorschriften zum Rauswurf von säumigen Mietern. Die Dems stecken nun in einer Zwickmühle – wenn sie gegen den Schritt von Trump klagen, werden sie als die Partei dastehen, die Arbeitslosen Stütze verweigert.

Die Politik und der Finanzmarkt

Schon jetzt haben die Demokraten an Zustimmung verloren, weil sie wochenlang blockten und für ihren eigenen 3-Billionen-Dollar-Vorschlag, den Heroes-Akt, unter anderem Stimuli für illegale Migranten und seltsamerweise Mittel für den Ausbau der fehler- und betrugsanfälligen Briefwahl forderten. Nicht von ungefähr schließt sich die Lücke in den Meinungsumfragen. Aktuell liegt Biden bei Rasmussen nur noch 3 Prozentpunkte vor Trump. Was die Börse freut und den Dollar stützt – denn Joe Biden steht für neue Steuern, offene Grenzen, Gesundheitsversorgung für alle Illegalen, den Stopp der Abschiebungen von Kriminellen. Wir empfehlen allen, die das politische Geschehen verfolgen wollen, die Umfrage-Sammlung von RealClearPolitics. Und hier vor allem die Zahlen von Rasmussen – das Institut lag 2016 als einziges richtig mit einer Unschärfe von 1 Prozentpunkt.

Kräftemessen mit China

Möglich ist eine kommende Dollar-Stärke gegen Euro, Pfund und Franken auch wegen China – und zwar deshalb, weil der Greenback in Krisenzeiten stets als sicherer Hafen gilt. Denn Trump schießt den nächsten Giftpfeil in Richtung China ab: Nach Strafzöllen in Milliardenhöhe verbot der Präsident wegen Sicherheitsbedenken per Dekret Geschäfte mit zwei der größten in den USA tätigen IT-Konzerne der Volksrepublik: ByteDance, dem Eigner der Video-App TikTok, und dem WeChat-Betreiber Tencent. Das Weiße Haus befürchtet, dass Daten von Usern direkt an die Kommunistische Partei gehen. Tencent ist Asiens zweitwertvollsten Konzern nach Alibaba mit einer Marktbewertung von umgerechnet 686 Milliarden Dollar.

Wir erinnern außerdem daran, dass China bislang seine Verpflichtungen aus dem Zoll-Deal nicht erfüllt hat und nur zögerlich bei amerikanischen Farmern einkauft. Die Frage ist, ob Trump vor den US-Wahlen deswegen gegen Peking vorgehen will, das offensichtlich den Ausgang der Präsidentschaftswahl abwartet.

Erste Squeeze-Warnung

Schon kurz vor diesen Entwicklungen hatte sich laut Reuters am Freitag Morgan Stanley mit einer interessanten Mitteilung zu Wort gemeldet: Der Greenback sei so überverkauft wie seit 40 Jahren nicht mehr. Damit steige die Chance für ein in Kürze bevor stehendes Reversal. Deswegen habe MS seinen Dollar-Short und Long-Positionen auf den Euro und auf den Austral-Dollar geschlossen. Laut der Investmentbank hatte ihr Combined Market Timing Indicator zum ersten Mal seit Januar 2018 ein Sell-Signal getriggert. Weiter stehe wohl eine Short Squeeze für den Dollar an, der Short-Dollar-Trade sei regelrecht überfüllt.

Große Short-Positionen

Vorigen Montag hatte sich schon Goldman Sachs ähnlich geäußert: In der Woche zum 28. Juli hatten non-commercial traders 5,2 Milliarden Dollar netto verkauft, was auf 2,2 Milliarden Dollar in der Woche davor folgte. Damit standen die Netto-Short-Positionen nur dieser Anleger bei 24,5 Milliarden Dollar. Gleichzeitig hatten Asset Manager 6,3 Milliarden Dollar gegen Euro, Yen und Pfund verkauft.

Dennoch blieben die Goldmänner zuletzt bearish – doch Goldman Sachs ist bekannt für seine taktischen Analysen, die sich schnell drehen und mitunter auch von den eigenen Handlungen konterkariert werden. Wie auch immer: Goldman Sachs warnte, der Dollar sei 15 Prozent überbewertet, die Chance für eine Outperformance im US-Aktienmarkt gegen den Rest der Welt sinke. Zudem dürften die US-Realzinsen weiter in negatives Terrain rutschen.

Holt Europa auf?

Tatsächlich hatte der Euro gegen den Dollar zugelegt, als sich Europa in der Corona-Krise zu einem massiven Konjunkturprogramm in Höhe von 1,8 Billionen Euro aufraffte und erstmals in der Geschichte in großem Stil gemeinsame Verbindlichkeiten ankündigte – Eurobonds mit Corona-Tarnanstrich sozusagen. Das trieb die Erwartungen in Wachstum und Unternehmensgewinne an. Die Frage ist also, ob der Nachholbedarf an Investments in Europa schon gedeckt ist oder nicht.
Unser Fazit aus dieser Gemengelage: Im großen Für und Wider müssen Sie einerseits die US-Politik und vor allem den Zollstreit mit China im Auge behalten; andererseits die europäische Wirtschaftspolitik. Und natürlich hängt viel, wenn nicht alles von der Corona-Krise ab. Die Frage für den Devisenmarkt ist, ob die Volkswirtschaft in Europa oder in Amerika stärker und überzeugender wieder anspringt – und ob wir eine neue Welle erleben, oder nicht. Wie auch immer: Wortmeldungen wie die von Morgan Stanley sind interessante Indikatoren für das Geschehen am Devisenmarkt. Short Squeeze im Dollar oder nicht – die kommenden Tage werden es zeigen. Wenn auch andere Bären satt sind, geht der Greenback nach oben. Die Bernstein-Bank behält die Angelegenheit für Sie im Auge!


Wichtige Hinweise:

Der Inhalt dieser Publikation dient ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Es handelt sich in diesem Kontext weder um eine individuelle Anlageempfehlung oder -beratung, noch um ein Angebot zum Erwerb oder der Veräußerung von Wertpapieren oder anderen Finanzprodukten. Der betreffende Inhalt sowie sämtliche enthaltenen Informationen ersetzen in keiner Weise eine individuelle anleger- bzw. anlagegerechte Beratung. Jegliche Darstellungen oder Angaben zu gegenwertigen oder vergangenen Wertentwicklungen der betreffenden Basiswerte erlauben keine verlässliche Prognose oder Indikation für die Zukunft. Sämtliche aufgeführte Informationen und Daten dieser Publikation basieren auf zuverlässigen Quellen. Die Bernstein Bank übernimmt jedoch keine Gewähr bezüglich der Aktualität, Korrektheit und Vollständigkeit der in dieser Veröffentlichung aufgeführten Informationen und Daten. An den Finanzmärkten gehandelte Wertpapiere unterliegen Kursschwankungen. Ein Contract for Difference (CFD) stellt darüber hinaus ein Finanzinstrument mit Hebelwirkung dar. Der CFD-Handel beinhaltet vor diesem Hintergrund ein hohes Risiko bis zum Totalverlust und ist damit unter Umständen nicht für jeden Anleger geeignet. Stellen Sie deshalb sicher, dass Sie alle korrelierenden Risiken vollständig verstanden haben. Lassen Sie sich gegebenenfalls von unabhängiger Seite beraten.

CFD sind komplexe Instrumente und gehen wegen der Hebelwirkung mit dem hohen Risiko einher, schnell Geld zu verlieren. 68% der Kleinanlegerkonten verlieren Geld beim CFD-Handel mit diesem Anbieter. Sie sollten überlegen, ob Sie verstehen, wie CFD funktionieren, und ob Sie es sich leisten können, das hohe Risiko einzugehen, Ihr Geld zu verlieren.