09.05.2019 – Special Report. Die Uhr tickt, die Nerven im weltweiten Handel liegen blank: Bis Freitag muss ein finaler Deal im Zollstreit gezimmert sein. Sonst will US-Präsident Donald Trump neue Sonderzölle auf chinesische Waren erheben. Die Börsen beben, alles fiebert der Deadline entgegen. Doch was wird wohl passieren? Wir beleuchten die möglichen Szenarien.
12 Uhr Mittag
Schöner hätte Hollywood den finalen Shootout in einem Western nicht inszenieren können: Bis Freitagmorgen, Punkt 12.01 Uhr US-Ostküsten-Zeit, also kurz nach Mitternacht muss laut dem Finanzportal „Marketwatch“ ein finaler Deal im Zollstreit zwischen China und den USA stehen. Sonst will Washington neue Strafzölle auf chinesische Importe erheben. Wie geht es wohl weiter? Einerseits gibt die Bernstein Bank aus Prinzip keine Anlage-Empfehlungen aus. Andererseits lassen wir unsere Kunden in turbulenten Zeiten natürlich nicht im Regen stehen. Wir haben daher für Sie im Finanzmarkt eine interessante Analyse zu den möglichen Szenarien und etwaig resultierenden Folgen gefunden.
Standard Chartered sieht vier Möglichkeiten
Die britische Standard Chartered Bank hat sich äußerst kompetent zu Wort gemeldet. Der Leiter des Devisenhandels für die G-10-Staaten, Steve Englander, hat für den Freitag vier Möglichkeiten plus die dazu gehörigen Konsequenzen in Sachen Zollstreit aufgelistet. Hier also die Essenz seiner Ausarbeitung.
1 – Das magische Kaninchen – 25 Prozent
Option 1): Beide Seiten ziehen in einem Zaubertrick ein Kaninchen aus dem Hut – Wahrscheinlichkeit: 25 Prozent. Die aktuellen Drohungen könnten nur Teil der Choreografie sein. Möglicherweise könnte China kurz vor Schluss des Ultimatums „trumping Trum“ spielen und den Trumpf auf den Tisch werfen, man könne immer den Deal aus der vorigen Woche einhalten. Auch die US-Administration könnte dies als Sieg für sich beanspruchen. Die Aktienmärkte würden laut Standard Chartered in diesem Fall wohl auf neue Höhen steigen. Im G-10-Devisenmarkt wären wohl AUDJPY oder AUDCHF die größten Gewinner. USD würde sich wohl gegen die meisten asiatischen Währungen verbilligen.
2 – Neue Verschiebung – 50 Prozent
Die wahrscheinlichste Option: 2) eine neue Verschiebung für die Einführung der Sonderzölle wegen der erzielten „Fortschritte“ – 50 Prozent. Dieser Schritt wäre wohl neutral bis leicht positiv für die Asset-Märkte, obwohl es so aussehe als ob die USA im Duell mit China geblinzelt hätten und sich mit weniger als gefordert zufrieden geben. Wie in Szenario 1 würde wohl der Dollar nachgeben.
3 – Teilweise Zollerhöhung – 10 Prozent
Wahrscheinlichkeit Nummer 3 wäre laut Standard Chartered die limitierte Anhebung einiger Strafzölle. So könnten etwa die Tarife für Waren, die jetzt schon mit 10 Prozent belegt sind, auf 15 Prozent steigen. Eintrittswahrscheinlichkeit: 10 Prozent. Diese Version wäre neutral bis leicht negativ für die Finanzmärkte. Denn die Einführung von Strafzöllen mitten in den Gesprächen wäre für die Gegenseite eine Aufforderung, den Verhandlungstisch zu verlassen. Investoren würden solch einen Schritt als Überschreiten einer wichtigen Grenze interpretieren und umgehend über Gegenmaßnahmen spekulieren. Eher neutral wären limitierte Zollanhebungen, die erst in ein paar Wochen greifen würden, falls es keinen Fortschritt in den Verhandlungen gebe.
4 – Die Verhandlungen platzen – 15 Prozent
Laut Standard Chartered der riskanteste Ausgang der Angelegenheit, wenn auch die Wahrscheinlichkeit für die komplette Erhöhung der Sonderzölle und den Abbruch der Verhandlungen nur bei 15 Prozent liege. Die Frage sei, wessen Volkswirtschaft und Finanzmärkte stärker seien und wer den eintretenden Schmerz besser aushalten könne. Der Autor vermutet aber, dass für beide Seiten ein schlechter Deal besser sei als ein „guter“ Handelskrieg. Dennoch: In diesem Szenario wäre wohl JPY der große Gewinner. Der Rest Asiens und stark risiko-korrelierte Währungen dürften einen Schlag hinnehmen, der alles Bisherige übertreffe. Der zweite große Trade wäre die Flucht in US-Bonds.
Fundamental spricht einiges dafür, dass sich die beiden Wirtschaftsgiganten doch noch irgendwie einigen. Natürlich mit einem Deal, der sich politisch als Erfolg verkaufen lässt. Denn sowohl Peking als auch Washington werden den Wohlstand der Mittelschicht und der heimischen Wirtschaft nicht gefährden. Aber der Teufel steckt im Detail. Beim Zusammenprall der Mega-Egos ist letztlich nichts auszuschließen. Behalten Sie also ihre Handelsplattform ständig im Blick – alles ist möglich und das Gegenteil von allem.
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