27.01.2020 – Special Report. Kleines Blutbad an der Börse – die Furcht vor dem Corona-Virus in China hat die Aktienkurse im weltweiten Handel auf Talfahrt geschickt. Dagegen hat Gold in Euro gerechnet gerade ein neues Allzeithoch markiert. Einmal mehr greift der Status als sicherer Hafen in Krisenzeiten. Und mit der internationalen Geldpolitik gibt es ein weiteres, längerfristiges massives Kaufargument.
Die Angst geht um
Rote Zahlen überall in den kostenlosen Realtimekursen – auf der Handelsplattform war für die Bären ein Festessen angerichtet. Die Saxobank urteilte, der Aktienmarkt habe gerade erst realisiert, dass der Virus 2019-nCoV einen bedeutenden ökonomischen Einfluss haben werde, da die Quarantäne in China nun rund 56 Millionen Menschen betreffe. Tatsächlich hatte die anfängliche Hoffnung, dass die Regierung in Peking die Seuche in den Griff bekommt, über das Wochenende herbe Dämpfer erhalten – die Zahl der Toten und der gemeldeten Krankheitsfälle hat sprunghaft angezogen. Das Finanzblog ZeroHedge hat das vorbildlich wie immer in einem hübschen Chart aufgearbeitet.
Flucht ins Gold
Eine Reaktion der Anleger: Sie kauften Gold. In Euro gerechnet markierte das gelbe Metall gerade ein Allzeithoch bei 1.437 Euro. Schon im Zuge der Spannungen zwischen dem Iran und den USA zum Jahresbeginn war Gold in Dollar im Januar bis auf 1.595 Dollar angezogen. Das war der höchste Stand seit Anfang 2013 gewesen. Das könnte noch nicht das Ende der Fahnenstange gewesen sein. Denn abgesehen von akuten Krisen dürfte vor allem die Geldpolitik der großen Notenbanken die Nachfrage nach Edelmetall weiter ankurbeln.
Hier kommt die Flut
Das Blog Goldmoney.com urteilte, im letzten Quartal 2019 habe die Federal Reserve damit begonnen, aggressiv frisches Geld in ein überraschend illiquides Bankensystem zu pumpen. Wir erinnern an unsere Special Reports zum Thema Repurchase Agreements und die drohende Repocalypse im eingefrorenen amerikanischen Bankenmarkt. Angesichts der fehlenden ausländischen Nachfrage nach US-Treasurys und einer steigenden Sparrate könne das US-Budgetdefizit nur durch monetäre Inflation beseitigt werden.
Weiter habe die Europäische Zentralbank ihr Quantitative Easing im November wieder aufgenommen; die EZB werde wohl zudem neue Liquidität für Ökothemen zur Verfügung stellen. Ferner stehe die Bank of Japan bereit zu einer weiteren Lockerung, falls das Inflationsziel von 2 Prozent in Gefahr gerate. Alles in allem dürfte angesichts der internationalen Geldflut Papiergeld noch mehr seiner Kaufkraft verlieren, was gegenüber Gold offenbar sowieso schon seit langem der Fall ist.
Drohendes Chaos
Ein weiteres Fazit von Goldmoney.com: Die Märkte seien so sehr in Schieflage geraten, wie niemals zuvor, wie Negativzinsen und negative Bond-Renditen belegten. Eine große systemische Krise im Markt sei nur eine Frage der Zeit, bald müssten wohl eine oder mehrere große Banken gerettet werden müssen. „Monetary chaos promises to be greater than anything seen heretofore, and it will engulf all western welfare-dependent economies and those that trade with them.“ Falls diese Prophezeiung stimmt, steht die nächste Krise an, die für frische Nachfrage in Gold sorgen dürfte.
Edelmetalle als Nachzügler
In die gleiche Richtung gehen die Gedanken beim Finanzberater Evergreen Gavekal – die Investment-Boutique sieht Gold als Nachzügler. So sei es eine der schockierenden Überraschungen der gerade abgelaufenen Dekade gewesen, dass die Inflation trotz einer Welle an künstlich geschaffenem Geld von rund 15 Billionen Dollar gesunken, aber nicht gestiegen sei. Und im Gegensatz zu US-Aktien und weltweiten Bonds sowie Immobilien, hätten Gold und die anderen Edelmetalle nicht äquivalent angezogen.
Wir ergänzen einschränkend: Mit Ausnahme von Palladium, das vor kurzem bei 2.501 Dollar ein Allzeithoch markiert hat. Was uns zur Vermutung führt, dass es auch bei anderen Edelmetallen mit Industrie-Nutzung – also Platin und Silber – vielleicht noch Luft nach oben gibt.
Zentralbanken und Privatleute kaufen
Goldmoney.com blickte auch auf die Nachfrage-Seite bei Gold. So hätten die Zentralbanken seit 2008 rund 4.400 Tonnen Gold gekauft – alle Reserven bezifferten sich derzeit auf 34.500 Tonnen. Käufer seien vor allem asiatische, ost- und zentraleuropäische Notenbanken. Russland beispielsweise ersetze seine Dollar-Reserven durch Gold. Wir meinen: Die Notenbanken können die Auswirkungen einer inflationären Geldpolitik selbst am besten einschätzen.
Es geht noch weiter: Vor allem der Privatsektor in China habe bislang 17.000 Tonnen zugekauft, die Summe ergebe sich aus den Zahlen der Shanghai Gold Exchange, urteilte Goldmoney weiter. Und Privatleute in Indien haben laut World Gold Council bislang 24.000 Tonnen gehortet. Somit kaufen Menschen in zwei Ländern besonders stark, die mit der Papiergeld-Entwertung schon einige negative Erfahrung gemacht haben.
Verhasstes Gold
Apropos: Es könnte durchaus sein, dass nicht nur der Bundestag künftig den Kauf von Gold erschwert, sondern auch andere Länder, die fleißig Luftgeld ins System pumpen. Wir erinnern in diesem Zusammenhang die Tafelgeschäfte in Deutschland – die Freigrenze wurde zum 01. Januar von 10.000 auf 2.000 Euro reduziert. Natürlich setzte vor dem Jahresende ein Kaufrausch ein.
Das Blog SafeHaven.com mutmaßte, dies habe wohl nichts mit der verschwindend kleinen Zahl an Geldwäsche-Fällen zu tun. Sondern vielleicht mit diesen drei Gründen:
1) Die Regierung fürchtet einen Einbruch der Wirtschaft wegen der hohen Sparrate (wir ergänzen: Berlin will laut diesem Gedanken also das Sparen erschweren und den Konsum ankurbeln).
2) Die Regierung baut eine Informationsbasis für die spätere Konfiszierung von Gold auf.
3) Die Regierung will nicht, dass die eigenen Bürger unbekanntes Gold besitzen, weil ihr sonst Informationen über die Vermögenslage der Untertanen fehlt (wir ergänzen: Weil der Staat ohne Wissen über die Vermögenslage nicht gezielt Gelder über neue Steuern einziehen kann, so wie dies beispielweise über die Grundbücher bei Immobilien der Fall ist).
Wir vermuten weiter: Während die Notenbanken selbst zukaufen, um die Reserven aufzustocken, muss die Regierung die Flucht der Privatleute aus dem Papiergeld ins Gold verhindern. Denn damit würde ja die Politik die Kontrolle über das eigene Geld verlieren – das weiter munter durch Null- und Negativzinsen entwertet werden soll, damit Staaten ihre Schulden irgendwie zurückzahlen können. Wer unserer These folgt, behält Gold auf der Long-Seite im Visier. Die Bernstein-Bank wünscht erfolgreiche Trades und Investments!
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