Weichenstellung in Wyoming

25.08.2023  – Das Beste zum Wochenschluss: Heute wird Jerome Powell seine Rede in Jackson Hole halten. Das Symposium der wichtigsten Notenbanken der Welt steht in diesem Jahr unter dem Titel ‚Structural Shifts in the Global Economy‘. 

Der Markt wird auf Hinweise warten, ob die Fed mehr Tightening für nötig hält, um die Inflation zu drücken. Dies vor dem Hintergrund einer unerwartet robusten US-Wirtschaft. Die Hoffnungen ruhen darauf, dass der Prozess der Disinflation der Notenbank erst einmal reicht, um die Zinsen vorerst nicht weiter nach oben zu schieben.

Goldman sieht Bremse im Tightening

Goldman Sachs erwartet, dass Powell seine Argumente für eine Abbremsung im Tightening bekräftigt. Die Message werde ansonsten die gleiche sein wie im Juli-Meeting des Federal Open Market Committee. So werde der Fed-Chef wiederholen, dass die Entscheidungen der Notenbank von den einlaufenden Daten abhängen. Goldman erwartet einen Zinsschritt um 50 Basispunkte im September, und außerdem  um 25 Zähler im November und im Dezember. Der Handel in den Fed Funds deutet derweil eine Chance von 52,5 Prozent für eine Erhöhung um 75 Basispunkte im nächsten Monat an.

Wir vermuten dies: Sollte Powell eine Pause im Tightening andeuten, werden wir eine moderate Rallye erleben. Sollte er gar von kommenden Zinssenkungen sprechen, dann dürften wir eine größere Hausse sehen. Wobei es auf den Tonfall ankommt – falls er zu dramatisch rüberkommt, werden viele Analysten eine kommende Krise vermuten. So war es jüngst in China – wobei das Land den westlichen Notenbankern sowieso einige Sorgen bereitet. Falls Powell aber indirekt weitere Zinserhöhungen ankündigt, könnte es Rücksetzer am Aktienmarkt geben. Beispielsweise im S&P500, hier der Tageschart. Allerdings dürfte der Fed-Chef wohl kaum eine solch hawkishe Rede halten wie vor einem Jahr, als die Teuerung in den USA auf einem 40-Jahres-Hoch verharrte.

 

Quelle: Bernstein Bank GmbH

Simon White, Macro Strategist bei Bloomberg, sagte ein „letztes Hurra“ für den Aktienmarkt nach Jackson Hole voraus. Der Boost werde nur kurzlebig sein, da sich der Ausblick für die Liquidität verschlechtere – dabei verwies er auf die rapide angestiegene Rendite im US-Bondmarkt.

Von allem etwas

Zurück zur Volkswirtschaft. Medienberichten zufolge ist die Fed wegen der widersprüchlichen Gesamtlage gespalten. Tatsächlich ist die Inflation innerhalb von einem Jahr von 8,3 auf 3,2 Prozent gesunken. Die US-Wirtschaft zeigt sich unerwartet robust und die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Dies alles, obwohl die Zinsen für Hypotheken, Bankkredite und auch für Kreditkarten gestiegen sind. Somit ist die Tür für weitere Zinserhöhungen eigentlich offen, da die Teuerung noch ein Stück vom Zielwert 2,0 entfernt ist. Die US-Wirtschaft sei eine angenehme Überraschung, allerdings brauche sie vorsichtige Überwachung, sagte jüngst Adam Posen, Präsident des Peterson Institute for International Economics in Washington D.C. und früheres Mitglied der Bank of England.

Doch die Gefahr einer Rezession ist noch immer für viele nicht gebannt. So bezifferte der Blue Chip Economic Indicators, das ist eine monatliche Umfrage vom Informationsdienstleister Wolters Kluwer, das Risiko einer Krise in den nächsten zwölf Monaten auf 50 Prozent. Immerhin war dies ein Rückgang von den 56 Prozent des Vormonats.

In diesem Sinne: Wir wünschen frohes Kaffeesatzlesen bei den vermutlich wieder enorm vorsichtigen und vieldeutigen Worten von Jerome Powell. Ob long oder short – die Bernstein Bank wünscht viel Erfolg!

 

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