Ankara schockt die Bullen

lira

24.09.2021 –Special Report. Die Türkei hat überraschend den Leitzins gesenkt. Und das trotz heftiger Inflation. Die Notenbank ist also doch gegenüber Recep Tayyip Erdogan eingeknickt. Der Sultan glaubt als einziger Mensch auf der Welt, dass niedrige Zinsen eine Währung festigen und nicht schwächen. Die Anleger fliehen entsetzt – die Lira sinkt auf ein Allzeittief.

Neues Rekordtief

Was soll man noch sagen zur Geldpolitik am Bosporus: Erdoganomics vernichtet die Ersparnisse all derer, die in der Hoffnung auf einen Rebound Lira gekauft haben. Viele sind in Euro, Dollar oder Gold geflüchtet. Und nach dem gestrigen Zinsschritt rutschte die türkische Weichwährung zwischenzeitlich ab auf 10,32 zum Euro und auf 8,8032 Lira zum Dollar.
Der Grund: Ankara hat den Leitzins um einen ganzen Prozentpunkt auf 18,0 Prozent gesenkt. Ganze zwei von 17 Analysten hatten diesen Schritt vorhergesehen. Damit liegt der Leitzins wieder deutlich unter der Inflationsrate von 19,25 Prozent. Somit ist der Realzins also negativ, türkische Assets sind für Investoren eher uninteressant. Und daher verkaufen sie Lira. Alleine in diesem Monat hat die Devise um 4 Prozent abgewertet.

Herausrechnen von Energie und Lebensmitteln

Wie zu erwarten war, ist Notenbankchef Sahap Kavcioglu eingeknickt. Er kündigte an, künftig mehr Gewicht auf die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittelpreise zu legen. Die lag im August bei 16,8 Prozent. Der übliche Taschenspieler-Trick also, um die ganz Unbedarften zu täuschen: Die Notenbank rechnet einfach Nahrung, Treibstoff und Brennstoff bei der Teuerung heraus. Dabei sind genau das die Kostentreiber für die Haushaltskasse, weil diese Güter bei steigender Nachfrage eben nicht sofort beliebig vermehrbar sind und weil es eine Weile dauert, bis das Angebot anzieht.
Kavcioglu ist schon der vierte Notenbankchef seit 2019, alle anderen waren in Ungnade gefallen, weil sie die von Erdogan geforderte lockere Geldpolitik nicht mitgetragen wollten. Zunächst sah es noch so aus, als ob diesmal einer Widerstand leistet. Doch letztlich ging es wohl doch nur um den eigenen Job.

Wenige bullishe Argumente

Und wie geht es weiter? Wir sehen wenige Argumente für eine Stärkung der türkischen Lira. Das Land wird überrannt von Flüchtlingen aus Arabien; engagiert sich militärisch in Syrien; und liegt mit den Nachbarn Griechenland, Zypern und Israel in einem Kalten Krieg wegen der Energiepolitik. Die Corona-Pandemie hält den Tourismus im Griff. Warum sollten ausländische Investoren ins Land kommen? Trader müssen sich allerdings bewusst sein, dass die Türkei gerne mal den Zins für die Übernacht-Leihe in astronomische Höhen anhebt, um Shorts zu killen.
Peter Kisler, Porftolio Manager für die Emerging Markets bei der britischen Vermögensverwaltung Trium Capital urteilte: “Obviously the currency has weakened and it will weaken further, but I don’t think you are going to see it blow up completely because there was some positioning for this.” Ob long oder short – wir wünschen erfolgreiche Trades und Investments!


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