08.02.2023  – Manchmal hat man es schon schwer als Chronist. Vor allem, wenn es um die Federal Reserve geht. Klartext war auch gestern von deren Chef Jerome Powell bei einem Auftritt vor dem Economic Club of Washington nicht zu erwarten. Aus den vorsichtigen Aussagen und der Wortklauberei der Analysten überall auf der Welt ergibt sich aber dieses Bild: Das Tightening ist nicht vorbei, die Zinsen könnten weiter steigen. Allerdings kam es nicht so schlimm wie von einigen erwartet.

Wieder einmal rätselte der Markt nach den Wortmeldungen aus der Zentralbank. Der Finanzdienst „Newsquawk“ kommentierte, Powell habe sowohl für Falken als auch für Tauben News geliefert. So sagte er, dass der disinflationäre Prozess begonnen habe. Allerdings nur im Güter-Sektor, der gerade 25 Prozent der Wirtschaft stelle. Zudem müsse die Fed mehr tun, falls die Jobdaten auf eine Überhitzung hindeuteten oder falls die Inflation nicht verschwinde. Wir ergänzen: Trotzdem machte sich Erleichterung breit, dass Powell nicht seine sanften Worte von vor einer Woche drastisch korrigierte. Hier im Bild der Dow Jones im Stundenchart – zuletzt überwog die Hoffnung der Bullen.

Quelle: Bernstein Bank GmbH

 

In Bezug auf den US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag gab Powell zu, dass er nicht eine solch robuste Lage erwartet hätte. In der Fragerunde sagte Powell wörtlich: „We didn’t expect it to be this strong. (…) It kind of shows you why we think this is a process that will take a significant period of time.“ Und: Die Knappheit an Arbeitskräften sei wohl nicht nur vorübergehend, sondern strukturell bedingt. Die Arbeitslosenrate im Januar ist auf 3,4 Prozent gesunken – das ist das niedrigste Niveau seit Mai 1969.

Höhere Zinsen bei starkem Jobmarkt

Die Fed habe also noch einen bedeutenden Weg zu einer niedrigeren Inflation vor sich, erläuterte Powell weiter. Die Notenbank habe zudem nicht vor, ihr Inflationsziel von 2 Prozent aufzugeben.

Michael Feroli, Chef-Ökonom bei JPMorgan, kommentierte, im Grunde habe Powell das gleiche gesagt wie nach dem Zinsentscheid vor rund einer Woche. Die Disinflation habe begonnen, der Weg sei aber noch lang und wahrscheinlich brauche es weitere Zinserhöhungen. Michael Gapen, Chief Economist bei der Bank of America, mutmaßte, ein weiter starker Arbeitsmarkt könne bedeuten, dass der Leitzins durchaus über den Satz steigen könne, den der Markt derzeit erwarte und das seien 5,0 bis 5,25 Prozent. Die Leitzinsen in den USA liegen aktuell in einer Range von 4,5 bis 4,75 Prozent. Wir ergänzen: Viele Marktakteure glauben jedoch, dass es nicht mehr viel höhere Zinsen werden. Und dass viel schon eingepreist ist.

Auf die Daten kommt es an

Powell wies übrigens darauf hin, dass er neue Daten auch erst einen Tag vor der Veröffentlichung erhalte. Wir meinen: Der Markt darf also nicht darauf hoffen, dass die Fed langfristig das Geschehen vorbeugend ankündigt. Anders ausgedrückt: Überraschungen sind jederzeit möglich. Klar ist nur, dass die Fed auf die einlaufenden Konjunkturzahlen reagieren wird. Powell sagte wörtlich: „We’re going to react to the data. (…) So if we continue to get, for example, strong labor-market reports or higher inflation reports, it may well be the case that we have to do more and raise rates more than has been priced in.“ Ergo ist es für Trader und Investoren unerlässlich, die Realtime-News im Auge zu behalten. Die Bernstein Bank wünscht viel Erfolg!

 

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