06.07.2022  – War es das jetzt mit dem Kaufrausch bei Erdgas? Der Markt hat sich offenbar an die angespannte Lage gewöhnt – fast sieht es aus, als seien alle negativen Faktoren eingepreist. Dabei sind die Risiken für eine neue Gaspanik keinesfalls beseitigt.

 

Trader und Investoren zeigen sich erstaunlich abgebrüht bei Erdgas. Erst die Ukraine-Invasion. Dann vor rund einem Monat eine Explosion im Flüssiggas-Terminal Freeport Quintana in Texas. Und seit Wochen geht es wieder kräftig nach unten. Im Bild der Tageschart mit gleitendem 50er-Durchschnitt.  Offensichtlich wettet der Markt auf den Ersatz von russischem Gas, etwa aus Arabien, oder auf eine Normalisierung der geopolitischen Lage.

 

Quelle: Bernstein Bank GmbH

 

Zur Abkühlung trugen zudem gerade News aus Norwegen bei. Noch am Sonntag hatte die Industrie gewarnt, ein Streik der Öl- und Gasarbeiter könnte die Förderung um 292.000 Barrel Öläquivalent pro Tag verringern, das wären etwa 13 Prozent des gesamten Ausstoßes. Die norwegische Regierung hat jetzt aber den Ausstand nach wenigen Stunden beendet. Doch die Angelegenheit könnte wieder aufflammen. Norwegen kann übrigens frühestens ab 2024 mehr Gas liefern.

Gazprom bestraft den Westen

Damit kommen wir zu Russland. Moskau setzt bereits Gas als Waffe ein: Seit Mitte Juni strömen nur noch rund 40 Prozent über Nord Stream 1 zu uns, angeblich wegen fehlenden Siemens-Bauteilen für eine Verdichterstation. Gut möglich, dass das volle Volumen für eine Weile gar nicht mehr erreicht wird. Am 11. Juli werden die Lieferungen erstmal eingestellt, dann beginnen jährliche Wartungsarbeiten. Das dauert normalerweise zehn Tage. Wenn danach kein neues Gas fließt, dürfte im Markt der nächste Preisschock toben.

Auf die Ukraine kommt es an

Womit wir beim Thema Ukraine wären. Es ist gut möglich, dass der Konflikt in naher Zukunft doch einfriert. Denn Russland hat offenbar schwere Verluste erlitten und könnte sich damit zufrieden geben, nur die abtrünnigen „Volksrepubliken“ Lugansk und Donezk einzuverleiben. Was der Ukraine Zeit geben würde, sich bis an die Zähne zu bewaffnen, um eine spätere Invasion des Restlandes zu verhindern.

Appeasement für Gas

Für einen neuen Schub nach unten könnte die Politik sorgen. Achten Sie auf unsere Medien: Die Öffentlich-Rechtlichen werden im Fall eines nahen Waffenstillstandes auf Geheiß von Berlin Talkshows ansetzen, die voll sind von Russland-Appeasern. Die Phrasen werden sich so anhören: Jetzt muss man endlich nach vorne schauen; wir müssen Moskau wieder ins europäische Haus holen; auch Kiew muss Zugeständnisse machen; die Ukraine darf genau keine neuen, schweren Waffen erhalten, sonst könnte sie die besetzten Gebiete zurückerobern. Und so weiter und so fort. Und irgendwann werden wir dann in Richtung Normalität bei den Erdgaslieferungen einbiegen.

Oder aber, alles kommt ganz anders und die Ukraine dreht den Spieß um und blockiert die Lieferung aus seinen Leitungen, um damit vom Westen neue Waffen zu erpressen.

Unser Fazit: Der Markt für Ergdas ist noch längst nicht aus den Turbulenzen heraus. Genau deswegen geraten Versorger wie Uniper in Probleme. Vielleicht normalisiert sich die Lage bis zur kalten Jahreszeit. Falls nicht, wird der Preis wieder nach oben schießen – wobei dann die Politik den Verbrauch einschränken dürfte. Ob long oder short – die Bernstein-Bank wünscht erfolgreiche Trades und Investments!

 


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