04.05.2023 – Die Federal Reserve hat wie erwartet noch einmal leicht die Zinsen erhöht. Und eine Pause im Tightening angedeutet, zugleich Zinssenkungen aber ausgeschlossen. Ferner versuchte Fed-Chef Jerome Powell vor der Presse so gut es ging den tobenden Elefanten zu ignorieren, der gerade den Porzellanladen zertrampelt: Die Krise der kleinen und mittleren Banken.
Zunächst zu den Fakten: Die Fed Funds Rate steigt um 0,25 Prozentpunkte und liegt jetzt in einer Spanne von 5,0 bis 5,25 Prozent. Die Zinserhöhung war bereits die zehnte in Folge. Durchaus ein rasantes Tempo: Im März 2022 hatte der Leitzins noch in einer Spanne von 0,0 bis 0,25 Prozent gelegen.
Mögliche Pause der Falken
Powell signalisierte eine „hawkish pause“. Presseberichten zufolge strichen die Währungshüter eine Passage aus ihrem Text, wonach eine gewisse zusätzliche geldpolitische Straffung angebracht sein könnte. Stattdessen wurde eine Formulierung gewählt, die zwar eine Tür für eine weitere Straffung offen lässt, aber kein Signal dafür gibt. Powell betonte, die Inflation liege weit über dem Ziel von 2 Prozent, die Absenkung der Teuerung werde eine Weile brauchen. Weitere Entscheidungen hingen von den einlaufenden Daten ab.
Der Markt sieht nun die moderate Möglichkeit einer weiteren Zinserhöhung im Juni, kommentierte das Finanzblog „ZeroHedge“. Dabei bestehe laut der Zinskurve eine 94prozentige Möglichkeit einer Rezession.
Powell schaffte es zunächst, die Nervosität nach dem Ausverkauf der Regionalbanken vom Wochenbeginn einzudämmen. Die Börse markierte gestern direkt nach der Rede von Powell ihr Hoch, bevor die Kurse bröckelten. Hier im Bild der Stundenchart des Angstindikators VIX. Was für neue Sorgenfalten sorgte: Powell räumte ein, dass das Senior Loan Officer Opinion Survey (SLOOS) bestätige, dass die Banken ihre Standards für die Kreditvergabe verschärfen – und dass das Kreditgeschäft sich verlangsame. Die Veröffentlichung der Untersuchung steht übrigens zum 08. Mai an.
Gesund und widerstandsfähig
Vor der Presse hatte Powell das Bankensystem als „sound and resilient“ bezeichnet. Nicht alle sehen das so: „ZeroHedge“ kommentierte sarkastisch: „Small banks can’t stop deposit outflows at 4.75% Fed funds. But at 5.00% all those deposits will come rushing back.“ Wie es aussieht, muss sich die Fed nun verstärkt dem großen Problem widmen, das sie mit dem jahrelangen Billig-Geld selbst geschaffen hat: Den möglichen Kollaps vieler Firmen mit fragwürdigem Geschäftsmodell, gestützt und am Leben erhalten durch Banken, die locker Kredite verteilen konnten.
Neue Short-Attacke
Schon kurz nach der Pressekonferenz von Powell lief die nächste Short-Attacke auf amerikanische Regionalbanken. Die ächzen nämlich unter den rasant gestiegenen Zinsen und haben viele Kunden im Bestand, die einen Rückgang im Geschäft spüren und vielleicht die Kreditzinsen nicht mehr bedienen könnten. Interessanterweise gerieten einmal mehr vor allem Institute aus dem Westen der USA in den Fokus der Short-Seller – also solche, die vor allem in der Internet-, Tech- und Crypto-Blase investiert sein dürften und das besonders im ehemals goldenen Kalifornien. So wurde beispielsweise die Aktie von PacWest zwischenzeitlich um sagenhafte 60 Prozent herunter geprügelt. Western Allliance verloren noch einmal rund ein Drittel.
Unser Fazit: Vermutlich geht das Aufräumen im regionalen Banksektor weiter. Solange diese Krise eingedämmt bleibt und keine systemrelevante Bank umkippt, wird das die Börse nur wenig stören. Falls es sich aber nicht nur um eine gesunde Marktbereinigung handelt, könnte bald wieder der Gesamtmarkt betroffen sein. Wir sind gespannt, wie es weitergeht – die Bernstein Bank wünscht erfolgreiche Trades und Investments!
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