Der S&P 500 steht an der Klippe

Daytrading

16.09.2020 –Special Report. Nun haben die US-Aktien also korrigiert: Seit rund zwei Wochen zeigt der Trend nach unten. Der S&P 500 tanzt ziemlich genau auf der 50-Tage-Linie. Die Frage ist, ob die Wall Street einen überzeugenden Rebound schafft. Oder ob die 200-Tage-Linie bei aktuell rund 3100 Zählern der nächste Halt wird. Wir analysieren die derzeit bestimmenden Börsen-Faktoren.

Tesla Surprise

Einer der wichtigsten Faktoren für den jüngsten Rücksetzer im marktbreiten Index war die Überraschung in Sachen Tesla: Die Mega-Aktie wurde wider Erwarten nicht in den S&P 500 aufgenommen, der Titel verlor seit dem Hoch mal locker 30 Prozent. Der Indexbetreiber gab keine Erklärung ab, das tun elitäre Clubs nie. Stattdessen wurden die E-Commerce-Plattform Etsy, der Hersteller von Test-Equipment Teradyne und der Pharmakonzern Catalent aufgenommen. Wer?
Genau – eine große Überraschung. Und Prügel für Tesla. Viele Fondsmanager hatten sich in der Hoffnung auf Tesla durch den Kauf anderer wichtiger SPX-Aktien den Index nachgebaut und ihre Titel danach enttäuscht wieder abgestoßen. Leider könnte der Tesla-Schubfaktor für den Index noch eine ganze Weile wegfallen. Der Grund ist die Bezahlung von Konzernchef Elon Musk.

Die Gier des Elon Musk

Charley Grant vom stets lesenswerten „Wall Street Journal“ vermutete, die Optionen, die sich Musk gönnt, könnten Tesla auf Dauer den Weg in den S&P 500 versperren. Denn der Tesla-Chef habe in nur drei Jahren 9 Milliarden Dollar eingestrichen, während seine Firma auf einem Verlust von kumuliert 6 Milliarden Dollar saß. Im Zuge der Rechnungslegung laut US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) dürften die Gewinne in den kommenden Quartalen in Gefahr sein. Denn angesichts der Mega-Performance der Aktie – vor dem jüngsten Absturz – könnte die Kasse bei Musk weiter klingeln. Er wird schließlich nicht nach Profitabilität bezahlt, sondern nach Marktkapitalisierung. Der Indexbetreiber verlangt aber beständige Firmengewinne – und scheut zudem Pump-and-Dump-Aktien, die kurzfristige Spekulationsblasen mit sich bringen. Somit dürfte auch der jüngste Absturz der Tesla-Aktie den Titel disqualifizieren. Womit ein heftiger Preispush für den SPX fehlt.

Short-Warnung von JPMorgan

Abseits von Tesla sandte ein quantitativer Analyst bei JPMorgan, Peng Cheng, eine bearishe Warnung für den Gesamtmarkt aus. Das wäre nicht weiter interessant, wenn er nicht schon am 18. August eine korrekte Verkaufswarnung für Tech-Aktien ausgegeben hätte. Die Gründe hatten wir Ihnen an dieser Stelle ebenfalls genannt: Eine sich verstärkende Konzentration von Kapital in wenigen Aktien, die sich verbessernden Chancen von US-Präsident Donald Trump (was auf die Zerschlagung von Big Tech hindeutet) sowie zunehmende Spannungen zwischen China und den USA. Außerdem steigende Renditen.
Nun legte Peng nach: Diese Faktoren wirkten weiter. Cheng sieht institutionelle Investoren als Hauptakteure in der jüngsten Marktkorrektur. Wobei auch Retail-Anleger eine Rolle spielten. Sein Verdikt: „stocks popular with retail investors tend to outperform in the short term but revert those returns in the long term.“ Soll heißen: Der Ausverkauf ist noch nicht vorbei.

Keine breite Basis im Index

Tatsächlich stellt sich die Frage, ob die jüngste Korrektur die Über-Performance weniger Aktien beseitigt und den S&P 500 auf eine breitere Basis gestellt hat. Womit der Markt immuner gegen Schocks wäre. Vermutlich nicht – und damit dürfte ein Ausverkauf bei wenigen Aktien den Gesamtmarkt weiter nach unten ziehen. Zumal der Fressrausch beim Weißen Wal SoftBank offenbar beendet ist. Die Stütze durch einen gigantischen Käufer mit tiefen Taschen fehlt also.
So stellte die Bank of America gerade fest, dass im August gerade einmal zehn Aktien mehr als die Hälfte der Rendite von 7,2 Prozent eingefahren hatten. Darunter Apple, Amazon, Salesforce, Berkshire Hathaway, Facebook und Nvidia. Das Finanzblog ZeroHedge ging noch weiter und titulierte den S&P 500 als „S&P 5“. Auf Basis der Analyse der Bank of America hieß es, nur die FAAMG stellten 23 Prozent der Marktkapitalisierung – Facebook, Apple, Amazon, Microsoft und Google (also die Mutter Alphabet). Ähnlich war es demnach schon einmal im Jahr 2000: Damals stellten Microsoft, Intel, Walmart, General Electric und Cisco 18 Prozent des Gesamtmarktes. Und dann kam der Crash…

Das sind die wichtigen Marken

Und wie geht es weiter? Die Bank of America erwartet im restlichen September eine Beruhigung an der Wall Street, da ein neuer Stimulus in den USA verabschiedet werden soll. Zudem erreiche das bisher schon verteilte Geld langsam die Realwirtschaft. Allerdings könne die Korrektur vom Allzeithoch schnell in einen herben Ausverkauf umschlagen. Im SPX müsse die Marke von 3.300 halten und im Nasdaq die 11.000.
Wir meinen: Mut macht der Freitag – auf einen herben späten Abverkauf im S&P 500 folgten moderate Eindeckungen kurz vor Handelsende. Die Schnäppchenjäger trauten sich wieder nach vorn. Die Angelegenheit bleibt also spannend – die Bernstein-Bank wünscht erfolgreiche Trades und Investments!


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