Ein Riss geht durch Europa

Europa

27.05.2019 – Special Report. Gelassene Reaktionen am Aktien- und Devisenmarkt nach der Europawahl. Welch trügerische Ruhe. Langfristig orientierte Investoren sollten sich durchaus Gedanken machen über den Euro und die deutschen Aktien. Denn in der Bundesrepublik hat sich ein Politikwechsel verfestigt, den ein Großteil Europas wohl nicht mitmachen wird. Wir analysieren, wer verliert und wer gewinnt.

Politikwechsel voraus

Leichtes Plus im DAX, kaum Bewegung im Euro. Also ist scheinbar alles nochmal gutgegangen nach der Europawahl. Wie nicht anders zu erwarten, machten die Kommentatoren in der deutschen Presse den leichten DAX-Anstieg vom Montag am ausgebliebenen Erdbeben bei der Europawahl fest. Eine dürftige Erklärung: Rechte Parteien feierten zwar keine Erdrutschsiege, legten aber europaweit dennoch kräftig zu.
Zudem übersahen die Medien – bewusst oder unbewusst – die eigentliche Message der Europawahl: Deutschland wird Grün, da führt kein Weg dran vorbei, wenn es so weitergeht. Denn nicht nur das Wahlergebnis der Grünen von gut 20 Prozent ist eine wichtige Weichenstellung, selbst wenn die Wahlbeteiligung im Vergleich zur Bundestagswahl gering war. Doch vor allem die Präferenz der Jungen für die Grünen ist ein Warnsignal für Börsianer: Laut Auswertungen von ARD und ZDF wählen die 19- bis 29-Jährigen zu 29 Prozent grün. Bei den noch jüngeren dürfte der Anteil sogar noch höher liegen.

Abgesang für DAX und deutsche Kernbranchen?

Die deutsche Industrie muss somit künftig massive Behinderungen befürchten. Ein Linksschwenk unter grüner Flagge könnte für viele DAX-Konzerne schlicht das Aus bedeuten, etwa im Energie-, Stahl- oder Automobilsektor. Damit wären diese Branchen im Speziellen und der DAX im Generellen Short-Kandidaten. Wer künftig die Defizite der europäischen Schuldenländer finanzieren soll, wenn dieses Szenario eintritt, steht in den Sternen.

Deutscher Sonderweg

Auch weil Deutschland auf einen Sonderweg eingebogen ist, müssen wir uns um den Erhalt des Euro fürchten. Hierzulande ist die angeblich kurz bevor stehende Klimakatastrophe das große Thema. Dagegen kommen die Grünen in den meisten anderen Ländern schlichtweg nicht vor. Stattdessen sind der Erhalt der nationalen Identität, das Wohl der heimischen Wirtschaft und der Ausbau der Festung Europa in Staaten wie Frankreich, Großbritannien, Italien, Belgien, Tschechien, der Slowakei, Polen, Ungarn und Österreich die Top-Themen.

Realpolitik im Ausland

Gut möglich, dass diese Länder dem Euro bald Adieu sagen, weil sie genug haben von offenen Grenzen sowie dem die Sparguthaben auffressenden permanenten Nullzins der Europäischen Zentralbank. Langfristig denkende Investoren sollten sich somit die Staatsanleihen und die Börsen der Länder mit starken euroskeptischen Fraktionen schon einmal genauer anschauen. Denn hier könnten interessante neue nationale Champions entstehen. Auch indische und chinesische Konzerne werden in Sachen Automobil, Chemie, Waffen-Produktion und Kraftwerksbau die Lücke füllen, die Deutschland vielleicht, vielleicht hinterlassen wird.

Chance für alternatives Hightech

Vermutlich wird die mutmaßliche Öko-Wende der deutschen Industrie aber auch neue Champions hervorbringen. Sie sollten sich beispielsweise die Drohnen-Branche anschauen – bei Fahrverboten werden Pakete wohl künftig per Luft ausgeliefert. Erste Versuche mit Flugtaxis – nichts anderes als gigantische Drohnen – sind ebenfalls vielversprechend. Eventuell gelingt der deutschen Autoindustrie ja der Durchbruch beim Elektro-Antrieb und sie übernimmt die globale Führungsrolle. Oder die Solarindustrie schafft es irgendwann, Strom zu speichern.

Bitcoin zieht kräftig an

Vielleicht ist die eigentliche Message der Europawahl in Deutschland ja der Grund dafür, warum sich Anleger aktuell an anderer Stelle als in Europa nach Investments umschauen. Am Montagmorgen ist der Bitcoin im asiatischen Handel auf ein Zwölfmonatshoch gestiegen. Die Crypto-Currency zog bis auf 8.800 Dollar an, die Marktkapitalisierung liegt inzwischen bei rund 260 Milliarden Dollar.
Warten wir ab, ob sich der Politikwechsel in Deutschland verfestigt, ob der Rest Europas ausschert und ob unsere Analyse zutrifft. Seien Sie bereit.
Die Bernstein Bank wünscht viel Erfolg!

Wichtige Hinweise:

Der Inhalt dieser Publikation dient ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Es handelt sich in diesem Kontext weder um eine individuelle Anlageempfehlung oder -beratung, noch um ein Angebot zum Erwerb oder der Veräußerung von Wertpapieren oder anderen Finanzprodukten. Der betreffende Inhalt sowie sämtliche enthaltenen Informationen ersetzen in keiner Weise eine individuelle anleger- bzw. anlagegerechte Beratung. Jegliche Darstellungen oder Angaben zu gegenwertigen oder vergangenen Wertentwicklungen der betreffenden Basiswerte erlauben keine verlässliche Prognose oder Indikation für die Zukunft. Sämtliche aufgeführte Informationen und Daten dieser Publikation basieren auf zuverlässigen Quellen. Die Bernstein Bank übernimmt jedoch keine Gewähr bezüglich der Aktualität, Korrektheit und Vollständigkeit der in dieser Veröffentlichung aufgeführten Informationen und Daten. An den Finanzmärkten gehandelte Wertpapiere unterliegen Kursschwankungen. Ein Contract for Difference (CFD) stellt darüber hinaus ein Finanzinstrument mit Hebelwirkung dar. Der CFD-Handel beinhaltet vor diesem Hintergrund ein hohes Risiko bis zum Totalverlust und ist damit unter Umständen nicht für jeden Anleger geeignet. Stellen Sie deshalb sicher, dass Sie alle korrelierenden Risiken vollständig verstanden haben. Lassen Sie sich gegebenenfalls von unabhängiger Seite beraten.

CFD sind komplexe Instrumente und gehen wegen der Hebelwirkung mit dem hohen Risiko einher, schnell Geld zu verlieren. 68% der Kleinanlegerkonten verlieren Geld beim CFD-Handel mit diesem Anbieter. Sie sollten überlegen, ob Sie verstehen, wie CFD funktionieren, und ob Sie es sich leisten können, das hohe Risiko einzugehen, Ihr Geld zu verlieren.