Ein sinnloses Unterfangen

27.11.2023  – Bei der türkischen Lira ereignet sich Erstaunliches: nämlich nichts. Obwohl die türkische Zentralbank inzwischen die Zinsen drastisch erhöht hat, verliert die Devise weiter ungebremst an Wert. Ein alarmierendes Indiz für den totalen Vertrauensverlust.

Das sieht man selten: Keine Reaktion auf eine Zinserhöhung, null, nichts. Hier der Tageschart von USDTRY. Dabei hat die aparte, seit einem halben Jahr agierende Zentralbankchefin Hafize Gaye Erkan Rückgrat und ökonomischen Sachverstand gezeigt – immerhin ist sie gelernte Bankerin mit den Adressen der von JPMorgan übernommenen First Republic Bank sowie Goldman Sachs im Lebenslauf. Die Gouverneurin setzte vorige Woche eine Zinserhöhung um satte 5 Prozentpunkte auf nunmehr 40 Prozent durch. Das war immerhin der sechste Zinsschritt in Folge, als sie antrat lag der Zins bei 8,5 Prozent.

 

Quelle: Bernstein Bank GmbH

 

Doch offenbar hat sich die neue weibliche Wunderwaffe inzwischen schon abgenutzt: Noch im August hatte der Devisenmarkt stark reagiert, als Erkan den Zins weit stärker als erwartet von 17,5 auf 25 Prozent angehoben hatte – die Prognosen hatten bei 20 Prozent gelegen. Wir sind somit gespannt, wie lange sie sich noch hält, denn gut ist manchmal nicht gut genug.

Inflationsrate bei 61 Prozent

Der Grund für den anhaltenden Absturz der Lira ist die Tatsache, dass die Inflation noch immer ein gutes Stück über dem massiven Zinssatz liegt: Vorigen Monat betrug die Teuerung sagenhafte 61,36 Prozent. Ein weiteres Problem ist die Ankündigung der Notenbank, dass es wohl bald keine weiteren Zinsschritte mehr geben wird – das aktuelle Niveau sei nah genug an dem, das geeignet ist, einen disinflationären Kurs einzuleiten. Hm…

Die Anleger sehen das offenbar anders: „Rette sich, wer kann“ ist das Motto bei allen, die noch Lira halten. Entsprechend wird Spielgeld in Gold, Dollar oder Euro getauscht. Wir sehen neben dem Vertrauensverlust im Retail-Markt vor allem eine massive Kapitalflucht bei Investoren.

Chauvinismus am Bosporus

Die Gründe sind einfach: Präsident Recep Tayyip Erdoğan fährt einen Kurs, der Ultra-Nationalismus mit dem Islamfaschismus vereint, was zwar schlecht integrierte Türken in Neukölln oder sonstwo in der Europäischen Union erfreut, nicht aber die Chancen auf einen Beitritt in die EU steigert. Die Türkei passt de facto besser zur Arabischen Liga, dort wird die Hetze gegen Israel gern gehört. Dito im Iran oder in China, das sich im Gaza-Krieg wie immer opportunistisch auf die Seite der über eine Milliarde Moslems schlägt, aber inzwischen munter weiter die Kultur der Uiguren ausmerzt und Moscheen einreißt. Wozu Ankara schweigt, genau wie der Rest der ach so hochmoralischen islamischen Welt.

Somit fehlt die wichtige Anbindung an den Wirtschaftsraum Europa. Zwar nimmt die Türkei als Kriegsgewinnler doppelt ein, weil sie sowohl Russland als auch die Ukraine mit Waffen beliefert. Doch der Krieg in Syrien und der Bürgerkrieg gegen die Kurden im eigenen Land kostet eben eine Menge Geld, weswegen die Zentralbank fleißig digital Geld druckt. Das Fazit aus alledem: Es sieht nicht danach aus, dass die Türkei irgendwann Teil der westlichen Welt wird, im Gegenteil. Wir fragen uns, wann die Türkei aus der NATO geworfen wird.

Das Kursziel für die Lira lautet daher weiter: Null. Sprich: Währungsreform. Natürlich nur, falls sich die aktuelle Politik so fortsetzt. Behalten Sie stets die Realtime-News im Blick: Ein Zinsschock mit einer unerwarteten Anhebung um 20 Prozent zwischen den regulären Sitzungen oder eine Vervielfachung des Zinssatzes für die Übernacht-Leihe kann zu herben Ausschlägen führen wie im August. Die Bernstein Bank wünscht erfolgreiche Trades und Investments!

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