Nur eine Frage der Zeit

 

19.04.2022 – Die Russische Zentralbank hat es geschafft, den Rubel zu stabilisieren – die Devise notiert auf dem Stand von vor der Ukraine-Invasion. Unklar ist allerdings, wie lange dieses Kunststück anhält. Die Notenbank jedenfalls warnte jetzt in ungewohnter Offenheit vor den Folgen des Krieges. Wir erläutern, was das für Trader und Investoren heißen könnte.

Fast zeitgleich mit dem Beginn der russischen Großoffensive im Osten der Ukraine und parallel zu den schönfärberischen Aussagen von Präsident Wladimir Putin, der westliche wirtschaftliche „Blitzkrieg“ sei wirkungslos geblieben, warnte die russische Notenbank vor herben Konsequenzen. Die Lage ist offenbar ernst: Wir vermuten, dass der Rubel bald wieder ein echtes Short-Investment wird.

Quelle: Bernstein-Bank GmbH

 

Denn aus Moskau vernehmen wir ungewöhnlich offene und ehrliche Worte: Die russische Zentralbank-Chefin Elvira Nabiullina verdeutlichte am gestrigen Ostermontag, dass die Sanktionen des Westens wirken. In einer Ansprache vor der Duma betonte sie, dass der Zeitraum begrenzt sein, in dem Russland von seinen Reserven leben könne.

Verbrannte Reserven

Zum Hintergrund: Russland kann rund die Hälfte seiner Devisenreserven in Höhe von 640 Milliarden Dollar nicht nutzen, da sie im Westen eingefroren ist. Die Frage ist, wieviel Dollar und Euro schon verbrannt worden sind, weil Moskau die ausländischen Devisen verkaufte, um den Rubel zu stützen. Laut Bloomberg hat Russland aktuell vor allem noch Yuan und Gold im Bestand. Vermutlich wird Peking noch eine Weile mit Swaps einspringen: China verkauft Russland Dollar für Yuan – was die chinesische Währung auf der Long-Seite interessant macht. Moskau verkauft dann diese chinesischen Dollar und kauft damit Rubel, um die heimische Devise zu stabilisieren. Doch auch diese Reserven sind endlich.

Keine Entwarnung gab die Zentralbank-Chefin bei der Inflation: Das Ziel von 4 Prozent Teuerung werde wohl erst 2024 erreicht. Aktuell liegt die Inflation mit rund 17,5 Prozent auf dem höchsten Stand seit mehr als zwei Jahrzehnten. Bislang hätten die westlichen Sanktionen nur den Finanzmarkt getroffen. Das ändere sich jetzt – die russische Realwirtschaft leide, ergänzte Nabiullina.

Schlag gegen die Wirtschaft

Passend dazu traf eine Warnung des Moskauer Bürgermeisters Sergej Sobjanin ein: „Laut unseren Schätzungen droht etwa 200.000 Menschen der Jobverlust“, erklärte er am Montag auf seiner Website. Um die Folgen der Arbeitslosigkeit abzufedern, hätten die Behörden in der vergangenen Woche ein Hilfsprogramm in Höhe von umgerechnet 38 Millionen Euro bewilligt. Das wird also teuer.

Und die härteste Stufe aller Sanktionen – ein totaler Boykott von Kohle, Gas und Öl durch den Westen – ist noch gar nicht erreicht. Das könnte bald der Fall sein, falls Russland seinen barbarischen Krieg auch gegen Zivilisten in der Ukraine eskaliert. Schon jetzt warnte die Weltbank, dass die russische Wirtschaft in diesem Jahr um 11,2 Prozent schrumpfen werde. Die Zinserhöhung hat zwar den Rubel stabilisiert, durch die Verteuerung neuer Kredite aber die Wirtschaft abgewürgt: Die russische Zentralbank hatte als Reaktion auf die Sanktionen ihren Leitzins zunächst auf 20 Prozent mehr als verdoppelt, ihn dann aber wieder auf 17 Prozent gesenkt.

Für den Rubel spricht wenig

Wahrscheinlich muss Moskau neue Rubel drucken, was ihn wieder versenken dürfte. Zweifellos wird auch der begonnene Wirtschaftsboykott des Westens den Rubel aus realwirtschaftlicher Sicht weiter schwächen: Firmen, die ihre Filialen vor Ort schließen, mussten zuvor Dollar oder Euro in Rubel umtauschen, um ihre russischen Angestellten zu bezahlen oder um ihre Fabriken am Laufen zu halten. Jetzt sind fast alle Westler weg. Damit wird der Rubel weniger gefragt.

Das Fazit aus alledem: Wir sehen derzeit keine unterstützenden bullishen Faktoren für den Rubel. Diese dürften erst bei einer Normalisierung der Handelsbeziehungen nach dem Ende des Krieges eintreten. Oder aber wundersamerweise treten neue Akteure auf, die an Moskau frische Dollar liefern. Falls beides nicht eintritt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Rubel neue Tiefstände auslotet. Die Bernstein-Bank wünscht viel Erfolg bei Ihren Trades und Investments!

 


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