Pro und contra im Ölmarkt

OIL Crash

12.02.2021 –Special Report. Welch eine Aufholjagd im Markt für Erdöl: Nach dem unglaublichen Abtauchen in negatives Terrain bei den Öl-Futures im vorigen April kratzt der Preis für WTI im Spotmarkt wieder an der Marke von 60 Dollar je Fass. Einige Analysten glauben, dass dies so weitergeht, weil die Weltwirtschaft anzieht. Andere warnen vor neuen Corona-Stoppern. Wir analysieren die Lage.

Sinkendes Angebot in den USA…

Inzwischen ist der Ölpreis so ziemlich am pre-Covid-Level angelangt. Ein Faktor dafür ist die Kappung in der Ölförderung im amerikanischen Markt. Laut der Energy Information Agency, (EIA) fielen die Inventories in der Woche zum 29. Januar auf den Fünfjahres-Durchschnitt zu dieser Jahreszeit. Normalisierung also. US-Förderer pumpen laut Oilprice.com derzeit 2,4 Millionen Barrel pro Tag weniger als vor einem Jahr.

… und bei der OPEC+

Und auch die OPEC+ drosselt das Angebot. Vorige Woche teilte die OPEC mit, dass weitere 2,1 Millionen Fass seit dem Höhepunkt der Covid-Krise im April 2020 zurückgehalten würden. Derzeit werden somit rund 9,7 Millionen Fass pro Tag vom erweiterten Kartell weniger gepumpt als pre-Covid. Dazu kommt ein kleines Geschenk von 1 Million Barrel pro Tag on top aus Saudi-Arabien. Das hat Folgen: Martin Rats, Analyst bei Morgan Stanley, sagte dem „Wall Street Journal“ dies: “the amount of crude oil and petroleum products stored around the world down by about 5% since its peak in 2020.”

Bullen verweisen auf die Kältewelle

Goldman Sachs sieht einen Preis von 65 Dollar zum Jahresende. Analyst Damien Courvalin verwies jüngst darauf, dass die Kältewelle die Nachfrage nach Öl um mindestens 1 Million Barrel pro Tag anschiebe. Dies, weil mehr Diesel in Generatoren verfeuert werde. Die Kältewelle mitten in der von Grünlinks hysterisch herbeigebeteten globalen Erderwärmung zeigt sich übrigens auch sehr schnell in einem anderen Markt: Laut S&P Global Platts schossen gerade die Spot-Preise für Erdgas bei einigen regionalen Gasversorgern und Pipeline-Betreibern in Kansas, Oklahoma und Arkansas nach oben – von rund 2 Dollar pro mmBTU (million British thermal units) auf fast 50 Dollar. Denn die verstärkte Nachfrage nach Propan-Brennern traf im Mittleren Westen auf Lieferengpässe wegen Vereisung.

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Warum ist das wichtig? Weil Sie davon ausgehen können, dass dieser Trend im Kleinen auch bald im Großen zu beobachten ist. Heiz- und Stromkraftwerke dürften enorm viel Öl verfeuert haben – und in den kommenden Wochen massig Erdöl und Produkte wie Diesel nachkaufen, um die Tanks wieder aufzufüllen.

Hoffen auf die Reisesaison

Auch für den Sommer sind einige Öl-Bullen enorm optimistisch. Alles hängt davon ab, ob die USA und andere wichtige Länder bis zum Sommer die Corona-Herdenimmunität erreichen – und ob dann in der Reisesaison die Nachfrage nach Benzin und Kerosin wieder anzieht. “By the summer, the vaccine should be widely provided and just in time for summer travel and I think things are going to go gangbusters,” sagte Hedge-Fonds-Manager David D. Tawil von Maglan Capital der Nachrichtenagentur Reuters.

Geldflut schiebt Commodities an

Dazu glauben die meisten Akteure an anhaltende Stimuli in den USA und auch sonstwo. Was die Wirtschaft ankurbelt und die Kaufkraft entkernt – in der Inflation sind Commodities gefragt. Wegen der diversen Stimuli sieht Amrita Sen von Energy Aspects einen Ölpreis von 100 Dollar und mehr. „We’ve always called for $80 plus oil in 2022. Maybe that is $100 now given how much liquidity there is in the system. I wouldn’t rule that out,” sagte Sen im Gespräch mit Bloomberg. “Oil companies, for the first time in a long time, are likely to make a big comeback,” sagte auch Jean-Louis Le Mee, Chef des Hedge Fonds Westback Capital Management im Gespräch mit Reuters. “We have all the ingredients for an extraordinary bull market in oil for the next few years.”

Wird die OPEC+ weiter drosseln?

Doch der höhere Preis und die Hoffnung auf mehr Nachfrage weckt die Gier. Die Staatskassen vieler Ölförderer sind leer. So dürfte die Entschlossenheit der OPEC+ in Bezug auf die Förderzurückhaltung angesichts der steigenden Preise bröckeln. Die Frage ist, ob sich dieser Status Quo beim nächsten Treffen am 4. März aufrechterhalten lässt. Dazu kommt Iran. Auch Teheran nimmt Joe Biden nicht ernst, der seine Bereitschaft signalisiert hat, in neuem Appeasement den Atomdeal aus dem Jahr 2015 wieder in Kraft zu setzen. Daher könnten mehrere Millionen Fass Erdöl in recht kurzer Zeit wieder auf den Markt gelangen.

Auf Corona kommt es an

In den Preisen steckt außerdem in Bezug auf Corona schon eine Menge Hoffnung für die Zukunft. Sollten sich die Regierungen der Welt wegen Mutationen in Brasilien, Südafrika oder sonstwo zu neuen Lockdowns entschließen, erhält die Erholung einen Knick. Beispielsweise werden laut Reuters derzeit mehrere zehn Millionen Menschen in China zuhause gehalten und Massentests unterzogen. Die Regierung habe Angst, dass eine neue Infektionswelle im Zuge des Neujahrsfestes über das Land rollt. Sollte sich dieser Effekt verstärken, wird die Nachfrage aus dem Reich der Mitte einbrechen. Dazu gesellt sich Unfähigkeit bei der Massen-Impfung wie in der Europäischen Union.

Backwardation im Markt

Das Bild ist also gemischt. Und wie sieht der Markt die ganze Gemengelage? Wir sahen zuletzt eine Backwardation, das heißt, dass der Preis für den Futures-Kontrakt niedriger ist als der Spot-Preis. Dies geschieht in der Regel dann, wenn die Nachfrage für eine sofortige Lieferung des Produkts erheblich höher ist als die Nachfrage für zukünftige Terminkontrakte. Der Markt geht also von einem zukünftigen höheren Angebot oder einer schwächeren Nachfrage aus. Wir behalten das spannende Thema für Sie im Auge – die Bernstein-Bank wünscht erfolgreiche Trades und Investments!


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