Sicher ist nach dem Zoll-Deal nur die Vola

Red Candlestick

14.10.2019 – Special Report. Große Freude an der Wall Street, im Frankfurt und an den asiatischen Börsen: China und die USA haben sich auf einen Minimal-Konsens im Zollstreit geeinigt. Soweit so gut – zunächst ist einmal die Eskalationsspirale gestoppt. Doch ein näherer Blick auf die in die Zukunft verschobenen Probleme des mageren Deals vom Freitag zeigt, dass neue Turbulenzen vorprogrammiert sind.

Erste Skepsis nach der Hoffnungsrallye

Wie hatten die Wall Street und die deutsche Börse am Freitag gejubelt. Und auch Asien verbuchte am Montag Gewinne. Doch auf dem Frankfurter Parkett setzte zum Wochenbeginn die erste Ernüchterung ein. Und das aus gutem Grund. Denn nun, nachdem sich der Rauch aus dem Freudenfeuer gelegt hat, wird klar, dass eigentlich gar nichts klar ist.

Das ist „Phase 1“

Zunächst einmal muss das Teil-Abkommen vom Freitag noch unterschrieben werden. „Phase 1″ eines größeren Abkommens beinhalte unter anderem die Themen Schutz geistigen Eigentums, Finanzdienstleistungen und Währungsfragen sagte US-Präsident Donald Trump am Freitag bei einem Treffen mit dem chinesischen Vize-Ministerpräsidenten und Chefunterhändler Liu He im Weißen Haus. Sollte es tatsächlich zu diesem Teil-Deal kommen, wäre dies der größte Schritt im Handelsstreit der beiden Länder in den vergangenen 15 Monaten.

Sanktionsspirale vorerst gestoppt

Das Wichtigste aus dem Deal vom Freitag: Die eigentlich für morgen vorgesehene Anhebung von US-Strafzöllen von 25 auf 30 Prozent für chinesische Importe im Wert von 250 Milliarden US-Dollar ist ausgesetzt. Damit ist erst einmal die Spirale aus Aktion und Reaktion aufgehalten. Und die Stimmung scheint nun wieder besser.

Kein echtes Entgegenkommen von Peking

Im Gegenzug für die gecancelten Sanktionen verpflichtete sich China zu Einkäufen bei amerikanischen Farmern in Höhe von 40 bis 50 Milliarden Dollar, vor allem Schweinefleisch und Sojabohnen, die als Futtermittel eingesetzt werden. Doch das ist keine echte Kompromissbereitschaft. Vielmehr müssen die chinesischen Bauern nun dringend die Nachzucht an Ferkeln mit verstärkter Mästung anschieben, denn in der Volksrepublik tobt die Schweinepest und die Fleischpreise explodieren. China hat also aus Eigeninteresse gehandelt. Zudem hat Peking laut Trump vor Monaten schon einmal zugesagte Agro-Käufe nicht eingehalten.

Vage Details und ungeklärte Fragen

Alle Details im Teil-Deal seien ansonsten recht vage, kommentierte Goldman Sachs. Auch wir wissen nur, dass US-Finanzdienstleister nun leichter Zugang zum China-Markt erhalten sollen, wohl ohne heimischen Joint-Venture-Partner. Doch dass Peking aufhören wird, den Yuan nach unten zu manipulieren, oder im Reverse Engineering ausländische Technologie zu kopieren, fällt schwer zu glauben. Dies ist doch das chinesische Geschäftsmodell, das dem Land Wohlstand gebracht hat. Das Teil-Abkommen befasst sich übrigens auch nicht mit dem chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei.

Erster Showdown Mitte November

Auch Trump betonte am Freitag, es werde drei bis fünf Wochen dauern, bis das jetzt bejubelte Teil-Abkommen unterzeichnet sei. Womit die Sache wohl beim APEC-Gipfel in Santiago de Chile Mitte November abgehakt werden soll. In rund einem Monat wird es also wieder besonders spannend an der Wall Street, im DAX beim Dollar und bei US-Staatsanleihen.

Spannung bis zum Jahresende garantiert

Und richtig interessant wird die Auseinandersetzung erst bei den eigentlichen Knackpunkten Industriespionage, Subventionen und Industriepolitik, sprich Bevorzugung heimischer Unternehmen, etwa bei chinesischen Staatsaufträgen. Diese wirklich harten Nüsse – auch sie sind Teil des chinesischen Modus Operandi und eigentlich für Peking unverhandelbar – müssen in einer zweiten und womöglich dritten Phase geklärt werden.
Somit rückt auch der Termin Mitte Dezember in den Fokus. Die USA behalten neben den schon jetzt bestehenden und der Rückkehr der verschobenen Zöllen ja noch ein weiteres Drohmittel in der Hand: Mitte Dezember sollen Strafzölle von 15 Prozent auf Konsumgüter aus China im Wert von rund 160 Milliarden US-Dollar erhoben werden.
Goldman Sachs merkte an, angesichts der komplexen Themen in Phase 2 sei eine Lösung bis zur nächsten Zollrunde falls überhaupt erst kurz vor der Deadline am 15. Dezember zu erwarten. Zumal am 10. und 11. Dezember die nächste Sitzung des Federal Open Market Committe anstehe. Auch sei angesichts der Weihnachtsferien eine Verschiebung der nächsten Zollerhöhung Anfang 2020 möglich.

Short: Neue Enttäuschungen

Unser Fazit: Der magere „Skinny Deal“ vom Freitag gibt zwar neue Hoffnung auf eine Erholung der Weltwirtschaft. Doch diese Hoffnung ist nur das Opium, an dem sich die Börsen der Welt nach oben hangeln – Hopium, wie einige US-Finanzmedien treffend kommentierten. Schnell verfliege der Rausch und die Entzugserscheinungen setzten ein. Diese Short-Pase könnte uns nun bevorstehen. Zudem sind ein komplettes Scheitern der Verhandlungen und ein offener Handelskrieg weiter jederzeit möglich. Wen Sie CFD handeln, wären somit die Indizes der Wall Street, DAX oder der Dollar Short-Kandidaten. Gefragt wären dann die sicheren Häfen US-Treasuries, Gold oder der Yen.

Long: USA oder China knicken ein

Möglich wäre natürlich, dass Trump wegen der Präsidentschaftswahl eine steigende Börse wichtiger ist als ein echter, umfassender Zoll-Deal, den er ja schon zuvor versprochen hatte. Oder aber China knickt ein, weil die Wirtschaft stark von den bestehenden Zöllen getroffen wird. Dann dürften die Aktien im weltweiten Handel und der Dollar nach oben ziehen. Spiegelbildich wären US-Bonds Gold oder der Yen Verkaufskandidaten.

Nur die Volatilität scheint sicher

Da jedoch angesichts jederzeit über uns hereinbrechender möglicher Tweet-Tiraden von Donald Trump oder etwaiger gebrochener Versprechen der Chinesen sowohl Richtung als auch Timing echte Herausforderungen sind, bietet sich vielleicht eher ein Vola-Trade an. Denn das einzige, was garantiert scheint, sind schwankende Kurse bis Mitte Dezember. Womit vielleicht VDAX oder VIX ja zu interessanten Kandidaten werden könnten.
Die Bernstein-Bank wünscht erfolgreiche Investments!

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