
10.02.2022 – Ein Gerücht zieht die Wall Street nach oben. JP Morgan verbreitete die Kunde, dass die offizielle US-Inflationsrate weit milder ausfallen wird, als erwartet. Soll heißen: Die Zahlen werden wohl frisiert. Für Trader wird es am Donnerstagnachmittag spannend, ab 14.30 Uhr wissen wir, wie es weitergeht – dann liegt der neue Consumer Price Index (CPI) auf dem Tisch.
Die Prognose für den CPI steht bei 7,2 Prozent. Sollte die Inflationsrate tatsächlich darunter liegen und damit das Parkettgeflüster bestätigen, dann werden wir wohl eine kurzfristige Hausse erleben. Zumal auch die Chefin der Federal Reserve von Cleveland, Loretta J. Mester, Benzin ins Feuer goss. Sie sagte, „long-run inflation expectations are still well anchored“. Hört, hört, das klingt wie die inzwischen längst kassierte Aussage, wonach die Fed die Inflation nur als ein Übergangsphänomen betrachtet. Womit plötzlich ein scharfes Tapering infrage gestellt scheint.
Die Folge: Bonds, Aktien, Crude, Kupfer, Cryptos – alles machte sich auf den Weg nach Norden. Besonders interessant ist die Lage im Nasdaq 100 – hier hat sich im Tageschart ein Dreieck gebildet, bald heißt es Hopp oder Topp; der Index liegt zudem ein kleines Stück unter der roten 50-Tage-Linie, die die Kurse eigentlich magisch anziehen sollte. Zumal auch der MACD im Bild unten noch einige Luft nach oben hat. Da Wachstumswerte besonders stark auf abflauende Zinsphantasien reagieren, dürften hier die besten Trades möglich sein.

Quelle: Bernstein Bank GmbH
Revision alle zwei Jahre
Damit kommen wir zu den fundamentalen News. Fakt ist, dass die Ratings von Joe Biden inzwischen spiegelbildlich zur Inflationsrate abgetaucht sind. Fakt ist auch, dass das Bureau of Labor Statistics (BLS) tatsächlich alle zwei Jahre eine Revision des CPI vornimmt. Das letzte Mal wurden die Daten aus dem Consumer Expenditure Survey im Januar 2020 aufgefrischt. Jetzt werden erstmals Zahlen aus den Jahren 2019 bis 2020 einfließen, Preise aus 2017 bis 2018 entfallen. Soll heißen: Die Vergleichsbasis wird angehoben, weil mehr Güter aufgenommen werden, die in jüngster Vergangenheit schon teurer geworden sind. Und damit wird der Prozentsprung zu heute wohl weniger dramatisch ausfallen.
Neugewichtung der Preise
Zudem wird der Index neu gemessen. Kleines Beispiel: Lehrmittel für die Schule erhalten laut Angaben des OLS 0,2 Prozent mehr Gewicht; aber der Anteil der Miete sinkt um 0,3 Prozent. Merken Sie etwas? Ein Gut, das nicht jeder braucht und daher kaum auffällt, wird stärker gewichtet; explodierende Mietkosten, die ziemlich viele treffen, werden nach unten korrigiert. Zudem werden wie immer im Januar saisonale Faktoren eingerechnet – und das ist reines Zahlen-Voodoo. Das Finanzblog ZeroHedge spottete, auch bei den Zahlen vom Arbeitsmarkt sei schon mit einem magischen „seasonal adjustment“ getrickst worden.
Ein Faktor für Trader ist die Sache allemal. Das Economics Team von Goldman Sachs jedenfalls wies gestern darauf hin, dass das Thema bei den eigenen Kunden angekommen ist: „ahead of tomorrow’s CPI release, many clients have asked how the biennial change in category weights and annual seasonal factor update will affect inflation in January and the remainder of 2022.“
Megasqueeze
Mit all diesen Überlegungen hat die Wall Street eine Kehrtwende um 180 Grad eingelegt. Während noch vor wenigen Tagen das Geraune über ein „Endgame“ aufbrauste, ist nun die Rede von einer Mega-Shortsqueeze. Ein anderes Team von Goldman Sachs beispielsweise merkte gerade an, dass Short Sales bei Hedge Fonds die Long Buys im Jahresvergleich um 2,7 zu 1 in Dollarwerten übertreffen. Auf GS Prime hieß es, Short Sales stiegen seit sechs Wochen in Folge an, der Short Flow seit Silvester sei der höchste in zehn Jahren. Nordamerika ist demnach die am stärksten geshortete Region mit 81 Prozent. Liz Ann Sonders, Chief Investment Officer bei Schwab, sieht somit auch ein verringertes Risiko nach unten.
Unser Fazit: Wir sehen eine hohe Chance dafür, dass die Zahlen aus politischen Gründen frisiert werden. Allerdings weiß man nie. Wer die Sache traden will und davon ausgeht, dass die Kurse vertikal nach oben oder nach unten davonschießen, sollte einen Straddle überlegen, also eine Kombination von Put und Call mit engen Stopps. Die Bernstein Bank wünscht viel Erfolg!
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