21.07.2022 – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erstmals seit elf Jahren die Zinsen erhöht. Und das entgegen der Erwartungen sogar recht kräftig um 0,5 Prozent. Eine echte Wende für den Euro ist das aber – noch – nicht: Die Erhöhung ist zu schwach, um die Inflation zu stoppen. Und ein gefährliches Signal für die hoch verschuldeten Euro-Länder sowie für die Wirtschaft.
Die meisten Analysten hatten nur plus 0,25 Prozent erwartet – ergo wurden sie auf dem falschen Fuß erwischt. Zumal auch der Negativzins von minus 0,50 Prozent für geparkte Gelder von Geschäftsbanken entfällt. Außerdem hat die EZB für ihre Sitzung am 8. September schon einen weiteren Zinsschritt in Aussicht gestellt. Und so schaffte EURUSD einen kleinen Sprung, wie Sie im Vier-Stunden-Chart erkennen.
Viele Volkswirte vermuten, dass der Zinssatz im kommenden Frühjahr bis auf 1,5 Prozent steigen wird. Wie mit diesem zögerlichen Tempo die Inflation eingedämmt werden soll, ist ein Rätsel. Denn die Teuerung liegt aktuell bei 8,6 Prozent in der Eurozone, für das Gesamtjahr sind 7,6 Prozent prognostiziert. Das wäre ein historischer Höchstwert. Ob die Zinswende dem Euro mittelfristig hilft, steht in den Sternen.
Entschlossene Fed
Letztlich hinkt die EZB hinterher: Wie der Internationale Währungsfonds ermittelt hat, haben seit Juli 2021 schon 75 Notenbanken auf der ganzen Welt ihre Leitzinsen erhöht. Vor allem der große Gegenspieler in den USA profitiert vom vergleichsweise beherzten Eingreifen der Federal Reserve: Seit dem Frühjahr hat die Fed den Leitzins auf 1,5 bis 1,75 Prozent angehoben. Allein der Zinsschritt im Juni belief sich auf 0,75 Prozent – der größte seit 1974. Da dürfte noch mehr kommen. Ergo haben Investoren Unsummen in den USA angelegt, wo die Rendite höher ist. Da zudem Energie in Dollar bezahlt wird, stützt das den Greenback und heizt die Teuerung in Euroland weiter an.
Akute Rezessionsgefahr
Selbst die aktuelle Zinserhöhung ist Gift für die Wirtschaft und kommt „eigentlich zur Unzeit“, kommentierte M.M.Warburg vorab. Denn die Energiekrise könnte die Eurozone in eine heftige Rezession werfen. Da brauchen Firmen keine verteuerten Kredite und Häuslebauer keine höheren Hypotheken-Zinsen. Das Problem für die EZB ist die Schuldenlage in den Krisenländern – allen voran Italien, wo zudem die Regierung mal wieder abtreten muss. Drastisch höhere Zinsen könnten die Staatshaushalte am Südrand kräftig ins Wanken bringen.
Das Fazit aus alledem: Der Euro hat keinen echten Schub erhalten. Die Frage aller Fragen ist nicht beantwortet: Wie will die EZB die Inflation stoppen und zugleich dafür sorgen, dass die Schuldenländer weiter Geld zu niedrigen Zinsen aufnehmen können? Ob das neue Anti-Krisen-Programm greift, das sogenannte Transmission Protection Instrument (TPI), muss sich zeigen. Die Währungshüter werden dazu Anleihen aus Krisenländern kaufen, was letztlich die Geldmenge erhöht und den Euro schwächt. Doch vielleicht schaffen die Krisenstaaten das Wunder und bauen eine robuste Wirtschaft auf. Ob long oder short – die Bernstein Bank wünscht erfolgreiche Trades und Investments!
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