Dr. Jekyll and Mr. Hyde

 

03.11.2022  – Rein, rauf, runter, raus: Wie erwartet hat die Federal Reserve die Märkte kräftig durchgeschüttelt. Der Grund für das große Fressen der Stopp-Loss-Marken: Eine heftige Kehrtwende in der Tonality der Fed zwischen Pressemitteilung und Pressekonferenz. Fast könnte man ein gewolltes Abschlachten der Bullen hinter dem gestrigen Tag vermuten. Oder wir haben es mit einem horrenden Fall von gespaltener Persönlichkeit zu tun.

Erst die Euphorie, dann die kalte Dusche. Nach der Pressemitteilung zum Zinsschritt ging es zunächst rauf. Während der Pressekonferenz von Jerome Powell stieg die Nervosität. Und letztlich ging es gen Süden. Sehr schön sehen Sie die Fed-Überraschung im 15-Minuten-Chart des Nasdaq 100.

 

Quelle: Bernstein Bank GmbH

 

Zunächst die Fakten: Die Zentralbank erhöhte den Leitzins erneut deutlich. Der Schlüsselsatz stieg um 0,75 Prozent auf eine Spanne von 3,75 bis 4 Prozent. Dies ist die vierte große Zinserhöhung der Fed seit März. Powell räumte zwar ein, dass die Notenbank über einen kleineren Zinsschritt im Dezember nachdenke. Somit könnte das der der letzte Jumbo-Zinsschritt in diesem Jahr gewesen sein. Allerdings bedeute das nicht eine Pause in der Zinserhöhung. Der Zins wird also steigen, komme was wolle.

Der Horror des Mr. Hyde

Jetzt die Hintergründe: Die interessanteste Erklärung für das Drama gestern fanden wir beim brillanten Finanzblog „ZeroHedge“, das sich auf Trader John Flood von Goldman Sachs berief. Demnach lief die Angelegenheit gestern wie der Horror-Klassiker Dr. Jekyll and Mr Hyde. Offensichtlich sei die Fed-Pressemitteilung von der als Taube bekannten Fed-Vizechefin Lael Brainard geschrieben worden, dies habe einen kleinen Kaufrausch ausgelöst. Und dann trat der böse Mr. Powell ans Mikrofon: “incoming data since our last meeting suggests that the ultimate level of interest rates will be higher than previously expected.”

Higher for longer

Powell sprach tatsächlich ungewohnt deutlich: “the labor market continues to be out of balance, with demand substantially exceeding the supply of available workers.” Mit dem Blick auf die Teuerung plus auf den Arbeitsmarkt hat die Fed gleich zwei Gründe für eine Fortsetzung des Tightening. Und weiter: “We have some ways to go. (…) „The question of when to moderate the pace of increases is now much less important than the question of how high to raise rates and how long to keep monetary policy restrictive.“ Das Fazit für den Markt: Higher for longer. Nicht gut für Aktien, vor allem für Growth Stocks.

Kein Verlass

Und noch eine Take-Home-Message: Nicht nur die Fed als Gremium ist nicht mehr verlässlich, weil uneinig. Sondern auch der Fed-Chef hat ein Defizit. Denn im Grunde habe Powell eine Kehrtwende vollzogen, urteilte Kommentator Ye Xie  von Bloomberg: „Prior to the pandemic, the Fed’s story line has been that they’d rather let inflation run hot, than allowing inflation to stay too low for too long. It’s easier to deal with inflation than deflation, so goes the argument. Today, Powell says it’s the other way around.“ Die Fed habe eher die notwendigen Werkzeuge, um ein Over-Tightening aufzuräumen als solche, um die Inflation für zu lange laufen zu lassen.

Unsere Bottom Line: Die Zeiten haben sich geändert. Die Inflation erscheint der Fed gefährlicher als eine Deflation, sprich: Rezession. Außerdem tobt offenbar innerhalb der Fed ein Machtkampf zwischen Tauben und Falken. Das Dumme daran: In der Kommunikation fehlt eine einheitliche Linie. Doch wie sollen sich Trader und Investoren positionieren, wenn selbst die US-Notenbank sich ständig dreht? Wir behalten die Angelegenheit für Sie auf unserem Radar und wünschen trotz allem viel Erfolg!

 

 

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